Lokomotive "Brunhilde" |
Neu
interpretiert wird der Kinderbuchklassiker „Jim Knopf“, der nicht zuletzt auf
Druck des neuen Innen- und Heimatministers Horst Seehofer auf die aktuelle
politische Lage angepasst wurde. Es ist mit Freude anzusehen, wie aktuell die
Inhalte des 1960 erstmals erschienenen Buches auch heute noch sind. Kleinere
Änderungen in der Handlung fallen so selbst eingefleischten Jim Knopf-Fans kaum
auf.
Handlung
Auf der
Insel „Lummerland“ wohnen vier Personen: König Horst, der Fünf-vor-Zwölfte,
Herr Weißetennissocken, Frau Wotsefak und Ronny-Pascal, der Lokomotivführer.
Doch eines Tages erreicht ein fehlgeleitetes Amazon-Paket die Insel (allerdings keine Steuern zu den Gewinnen von Amazon). Frau Waas
nimmt es an, da sie als einzige Zuhause ist, während die drei Männer der Insel
natürlich arbeiten sind. In dem Paket befindet sich ein Baby von kaffeeartiger
Hautfarbe.
Die
Inselbewohner sind ratlos. Eines steht fest: die Insel ist voll. Man könne sich
nicht um alle auf der ganzen Welt kümmern, und überhaupt passe dieses Kind
nicht in die lummerländische Leitkultur. Während Frau Wotsefak noch darüber
nachdenkt, das arme Kind aufzunehmen, das offenbar unschuldig in diese Lage
geraten sei, formieren sich Herr Weißetennissocken und Ronny-Pascal schnell zu
einer Bürgerbewegung. Während Herr Weißetennissocken darum fürchtet, dass seine
Birkenstock-Sandalen durch den Neuankömmling bald aus der Mode kommen könnten
und er damit dann sehr lächerlich aussehen würde, fürchtet Ronny-Pascal um
seinen Arbeitsplatz. „Es gibt schließlich nur eine Lokomotive hier. Was, wenn
dieser Kerl ausgerechnet Lokomotivführer werden will? Wo finde ich denn in
meinem Alter noch was Neues? Apropos neu: Es ist so schwer, hier auf der Insel
einen Lehrling zu finden. Keiner will das machen. Wer soll denn irgendwann die
Eisenbahn übernehmen, wenn ich in Frührente gehen will?“, empört sich Ronny-Pascal.
König Horst,
der Fünf-vor-Zwölfte erspürt mit seinem Populismometer sofort, was die Mehrheit
der Bevölkerung will. Er eröffnet ein Rückführungszentrum, in dem der Junge,
den man spontan Jim Knopf getauft hat, so lange bleiben soll, bis sein
Asylantrag bearbeitet ist. Das Verfahren zieht sich dadurch in die Länge, dass
bei dem Jungen lediglich ein Lieferschein beilag, jedoch keine Ausweispapiere
oder sonstige Dokumente, die seine Herkunft und Identität belegen.
Jim wächst
so im Rückführungslager zu einem Jungen heran, der schwere soziale Störungen
aufweist, weil ihm keine Perspektive geboten wird und ihm keinerlei menschliche
Wärme zukommt. Als er schließlich in Ronny-Pascals Lokomotive „Brunhilde“ beim
Schwarzfahren erwischt wird (er nutzte ein „Schöne-Wochenende-Ticket“ am Ostermontag!!!),
sehen sich Herr Weißetennissocken und Ronny-Pascal bestätigt, und auch Frau
Wotsefak ändert ihre Meinung über den offenbar schwer kriminellen
Neuankömmling. Schnell gibt man Jim an vielem, was auf Lummerland schief läuft die Schuld.
Das
Asyl-Verfahren wird beschleunigt. Als Herkunftsland von Jim wird Kummerland vermutet,
was schleunigst zum sicheren Herkunftsland erklärt wird. Jim wird dorthin
abgeschoben. Da er weder mit der Kultur noch der Sprache von Kummerland
vertraut ist und dort auch keinerlei Kontakte hat, rutscht er schnell in ein
kriminelles Milleu ab und wird Mitglied in der Straßengang „Die wilde 13“.
Die
Lummerländer hingegen feiern ihren Sieg gegen die fremdländische Invasion. Doch
die Freude währt nur kurz. Ronny-Pascal muss wegen Trunkenheit am Steuer seinen
Lokomotivführerschein abgeben. Da die von König Horst dem Fünf-vor-Zwölften
erlassene Maut für ausländische Lokomotiven andere Züge aus dem Land hält und
kein Ersatzlokomotivführer da ist, bricht die gesamte lummerländische
Infastruktur zusammen. Die Lummerländer geben dem Initiatoren der
Bürgerbewegung, Herrn Weißetennissocken die Schuld, der versucht, sich nach
Teneriffa abzusetzen, wo ihn jedoch niemand haben will. König Horst der
Fünf-vor-Zwölfte dankt aus Altersgründen ab, bevor ihm jemand die Schuld an der
Misere geben kann. Ronny-Pascal flüchtet sich immer mehr in den Alkohol und belästigt in seiner Not Frau Wotsefak, weil diese dem kleinen Jim auch noch
helfen wollte.
Kritik und Bewertung
Auch ohne
den Charme der Augsburger Puppenkiste bleibt „Jim Knopf und der Lokomotivführer“
ein Vergnügen für die ganze Familie. Bei den Szenen am Ende zwischen
Ronny-Pascal und Frau Wotsefak sollte man den ganz kleinen Kindern die Augen
zuhalten. Sonst können aber Klein und Groß etwas Lernen. Die Bilder sind sehr eindrucksvoll.
Der Sinn für Details lässt Zuschauer auch beim zweiten oder dritten Sehen immer
wieder etwas entdecken, zum Beispiel die Verspätung von 45 Minuten, die „Brunhilde“
im Durschnitt hat.
Empfehlung:
dringend gucken.
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