Mittwoch, 4. April 2018

Filmkritik: Jim Knopf und der Lokomotivführer

Lokomotive "Brunhilde"

Neu interpretiert wird der Kinderbuchklassiker „Jim Knopf“, der nicht zuletzt auf Druck des neuen Innen- und Heimatministers Horst Seehofer auf die aktuelle politische Lage angepasst wurde. Es ist mit Freude anzusehen, wie aktuell die Inhalte des 1960 erstmals erschienenen Buches auch heute noch sind. Kleinere Änderungen in der Handlung fallen so selbst eingefleischten Jim Knopf-Fans kaum auf.


Handlung
Auf der Insel „Lummerland“ wohnen vier Personen: König Horst, der Fünf-vor-Zwölfte, Herr Weißetennissocken, Frau Wotsefak und Ronny-Pascal, der Lokomotivführer. Doch eines Tages erreicht ein fehlgeleitetes Amazon-Paket die Insel (allerdings keine Steuern zu den Gewinnen von Amazon). Frau Waas nimmt es an, da sie als einzige Zuhause ist, während die drei Männer der Insel natürlich arbeiten sind. In dem Paket befindet sich ein Baby von kaffeeartiger Hautfarbe.

Die Inselbewohner sind ratlos. Eines steht fest: die Insel ist voll. Man könne sich nicht um alle auf der ganzen Welt kümmern, und überhaupt passe dieses Kind nicht in die lummerländische Leitkultur. Während Frau Wotsefak noch darüber nachdenkt, das arme Kind aufzunehmen, das offenbar unschuldig in diese Lage geraten sei, formieren sich Herr Weißetennissocken und Ronny-Pascal schnell zu einer Bürgerbewegung. Während Herr Weißetennissocken darum fürchtet, dass seine Birkenstock-Sandalen durch den Neuankömmling bald aus der Mode kommen könnten und er damit dann sehr lächerlich aussehen würde, fürchtet Ronny-Pascal um seinen Arbeitsplatz. „Es gibt schließlich nur eine Lokomotive hier. Was, wenn dieser Kerl ausgerechnet Lokomotivführer werden will? Wo finde ich denn in meinem Alter noch was Neues? Apropos neu: Es ist so schwer, hier auf der Insel einen Lehrling zu finden. Keiner will das machen. Wer soll denn irgendwann die Eisenbahn übernehmen, wenn ich in Frührente gehen will?“, empört sich Ronny-Pascal.

König Horst, der Fünf-vor-Zwölfte erspürt mit seinem Populismometer sofort, was die Mehrheit der Bevölkerung will. Er eröffnet ein Rückführungszentrum, in dem der Junge, den man spontan Jim Knopf getauft hat, so lange bleiben soll, bis sein Asylantrag bearbeitet ist. Das Verfahren zieht sich dadurch in die Länge, dass bei dem Jungen lediglich ein Lieferschein beilag, jedoch keine Ausweispapiere oder sonstige Dokumente, die seine Herkunft und Identität belegen.

Jim wächst so im Rückführungslager zu einem Jungen heran, der schwere soziale Störungen aufweist, weil ihm keine Perspektive geboten wird und ihm keinerlei menschliche Wärme zukommt. Als er schließlich in Ronny-Pascals Lokomotive „Brunhilde“ beim Schwarzfahren erwischt wird (er nutzte ein „Schöne-Wochenende-Ticket“ am Ostermontag!!!), sehen sich Herr Weißetennissocken und Ronny-Pascal bestätigt, und auch Frau Wotsefak ändert ihre Meinung über den offenbar schwer kriminellen Neuankömmling. Schnell gibt man Jim an vielem, was auf Lummerland schief läuft die Schuld.

Das Asyl-Verfahren wird beschleunigt. Als Herkunftsland von Jim wird Kummerland vermutet, was schleunigst zum sicheren Herkunftsland erklärt wird. Jim wird dorthin abgeschoben. Da er weder mit der Kultur noch der Sprache von Kummerland vertraut ist und dort auch keinerlei Kontakte hat, rutscht er schnell in ein kriminelles Milleu ab und wird Mitglied in der Straßengang „Die wilde 13“.

Die Lummerländer hingegen feiern ihren Sieg gegen die fremdländische Invasion. Doch die Freude währt nur kurz. Ronny-Pascal muss wegen Trunkenheit am Steuer seinen Lokomotivführerschein abgeben. Da die von König Horst dem Fünf-vor-Zwölften erlassene Maut für ausländische Lokomotiven andere Züge aus dem Land hält und kein Ersatzlokomotivführer da ist, bricht die gesamte lummerländische Infastruktur zusammen. Die Lummerländer geben dem Initiatoren der Bürgerbewegung, Herrn Weißetennissocken die Schuld, der versucht, sich nach Teneriffa abzusetzen, wo ihn jedoch niemand haben will. König Horst der Fünf-vor-Zwölfte dankt aus Altersgründen ab, bevor ihm jemand die Schuld an der Misere geben kann. Ronny-Pascal flüchtet sich immer mehr in den Alkohol und belästigt in seiner Not Frau Wotsefak, weil diese dem kleinen Jim auch noch helfen wollte.

Kritik und Bewertung
Auch ohne den Charme der Augsburger Puppenkiste bleibt „Jim Knopf und der Lokomotivführer“ ein Vergnügen für die ganze Familie. Bei den Szenen am Ende zwischen Ronny-Pascal und Frau Wotsefak sollte man den ganz kleinen Kindern die Augen zuhalten. Sonst können aber Klein und Groß etwas Lernen. Die Bilder sind sehr eindrucksvoll. Der Sinn für Details lässt Zuschauer auch beim zweiten oder dritten Sehen immer wieder etwas entdecken, zum Beispiel die Verspätung von 45 Minuten, die „Brunhilde“ im Durschnitt hat.

Empfehlung: dringend gucken.

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