Samstag, 3. Dezember 2016

Beide Piloten vor Abflug erkrankt: mutiger Passagier muss Flugzeug selber starten



Flug-Zeug (Symbolbild)


Frankfurt a.M. – „Ist jemand an Bord, der ein Flugzeug fliegen kann?“ Diesen aus diversen Filmen bekannten Klischeesatz bekamen gestern Passagiere am Flughafen am Main zu hören. Frank Schwemmer (47) musste nicht lange zögern und stürmte in das Cockpit, um den Platz des Piloten und der Pilotin einzunehmen, die beide gesundheitlich nicht in der Lage waren, die Maschine zu steuern.

Doch von vorne: die Boeing 737-600 sollte eigentlich um 18:50 in Frankfurt Richtung Rabat Marokko starten. Die Besatzung, die Passagiere und das Gepäck waren bereits an Bord, als plötzlich sowohl Flugkapitän Jens Schulte (42) als auch seine Co-Pilotin Anna-Lisa Korthus (36) nahezu zeitgleich von heftigen Übelkeitsanfällen und starkem Durchfall befallen wurden. Beide hatten sich zuvor zum Abendessen in einem Sushi-Restaurant eine Lebensmittelvergiftung zugezogen. Der Start der Maschine drohte auszufallen, hätte nicht Frank Schwemmer seinen Mut zusammen genommen. 

„Ich habe in dem Moment einfach reagiert. Wissen Sie, ich spiele seit langem regelmäßig Flugsimulationen, führe teilweise Interkontinentalflüge in Echtzeit durch. Ich kenne die Bedienelemente der 737 recht gut und weiß, was zu tun ist“, erläuterte der unverhoffte Held des Tages. Zudem habe er Unterstützung per Funk aus dem Tower erhalten, der ihm nochmal detaillierte Instruktionen gegeben haben. Die übrigen Passagiere fieberten mit Schwemmer mit. Ein weiblicher Fluggast erinnert sich: „Als die Durchsage kam, waren wir alle verzweifelt. Wir dachten, es wäre vorbei. Aber dann kam dieser Mann. Er sah so zuversichtlich und tapfer aus, während er zum Cockpit ging, als wüsste er ganz genau, was zu tun ist. Er war unsere einzige Hoffnung in diesem Moment. Viele Gäste haben spontan begonnen, für ihn zu beten.“

Mit Erfolg, wie es scheint, denn nur wenige Minuten später brauste das Flugzeug über die Startbahn und hob schließlich etwas unbeholfen aber sicher ab. Jubel brandete durch den Flieger, auch Pilot und Pilotin, die noch im Cockpit saßen, applaudierten zwischen zwei Brechattacken. Der Rest des Fluges verlief ohne nennenswerte Zwischenfälle, da der Autopilot die Maschine zuverlässig bis nach Rabat steuerte, wo auch die Landung nahezu vollautomatisiert durchgeführt wurde. Frank Schwemmer wurde von seinen Mitreisenden frenetisch gefeiert. Noch auf dem Rollfeld wurden die beiden Piloten in Empfang genommen um unmittelbar ihren Krankenreiserücktranksport anzutreten. Es wurde höchste Zeit, denn die Spuckbeutel wurden langsam knapp.

Text: adg

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