Flug-Zeug (Symbolbild) |
Frankfurt a.M. – „Ist jemand an Bord, der ein Flugzeug
fliegen kann?“ Diesen aus diversen Filmen bekannten Klischeesatz bekamen gestern
Passagiere am Flughafen am Main zu hören. Frank Schwemmer (47) musste nicht
lange zögern und stürmte in das Cockpit, um den Platz des Piloten und der
Pilotin einzunehmen, die beide gesundheitlich nicht in der Lage waren, die
Maschine zu steuern.
Doch von vorne: die Boeing 737-600 sollte eigentlich um
18:50 in Frankfurt Richtung Rabat Marokko starten. Die Besatzung, die
Passagiere und das Gepäck waren bereits an Bord, als plötzlich sowohl
Flugkapitän Jens Schulte (42) als auch seine Co-Pilotin Anna-Lisa Korthus (36)
nahezu zeitgleich von heftigen Übelkeitsanfällen und starkem Durchfall befallen
wurden. Beide hatten sich zuvor zum Abendessen in einem Sushi-Restaurant eine
Lebensmittelvergiftung zugezogen. Der Start der Maschine drohte auszufallen,
hätte nicht Frank Schwemmer seinen Mut zusammen genommen.
„Ich habe in dem Moment einfach reagiert. Wissen Sie, ich
spiele seit langem regelmäßig Flugsimulationen, führe teilweise
Interkontinentalflüge in Echtzeit durch. Ich kenne die Bedienelemente der 737 recht
gut und weiß, was zu tun ist“, erläuterte der unverhoffte Held des Tages. Zudem habe er Unterstützung per Funk aus dem
Tower erhalten, der ihm nochmal detaillierte Instruktionen gegeben haben. Die
übrigen Passagiere fieberten mit Schwemmer mit. Ein weiblicher Fluggast
erinnert sich: „Als die Durchsage kam, waren wir alle verzweifelt. Wir dachten,
es wäre vorbei. Aber dann kam dieser Mann. Er sah so zuversichtlich und tapfer
aus, während er zum Cockpit ging, als wüsste er ganz genau, was zu tun ist. Er war unsere
einzige Hoffnung in diesem Moment. Viele Gäste haben spontan begonnen, für ihn
zu beten.“
Mit Erfolg, wie es scheint, denn nur wenige Minuten später
brauste das Flugzeug über die Startbahn und hob schließlich etwas unbeholfen
aber sicher ab. Jubel brandete durch den Flieger, auch Pilot und Pilotin, die
noch im Cockpit saßen, applaudierten zwischen zwei Brechattacken. Der Rest des
Fluges verlief ohne nennenswerte Zwischenfälle, da der Autopilot die Maschine
zuverlässig bis nach Rabat steuerte, wo auch die Landung nahezu
vollautomatisiert durchgeführt wurde. Frank Schwemmer wurde von seinen
Mitreisenden frenetisch gefeiert. Noch auf dem Rollfeld wurden die beiden
Piloten in Empfang genommen um unmittelbar ihren Krankenreiserücktranksport
anzutreten. Es wurde höchste Zeit, denn die Spuckbeutel wurden langsam knapp.
Text: adg
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